„Arbeitnehmer haben uns im Stich gelassen“

Hans Krings

Über die Folgen der Wahlschlappen bei den Landtagswahlen für die SPD im Erftkreis sprach Norbert Kurth mit dem Kreisvorsitzenden Hans Krings.

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Herr Krings, die Wahlen in Hessen und Niedersachsen waren für die SPD ein Debakel. Was ist da passiert?

KRINGS: Zuerst einmal: In beiden Ländern ist der miese Bundestrend durchgeschlagen. Hinzu kommt – nach der Euphorie über den Sieg bei den Bundestagswahlen – der schwache Start der Bundesregierung. Zuletzt hat der Kandidat in Niedersachsen etwas die Nerven verloren. Dadurch ist er auf einen Schlingerkurs geraten. In Hessen hätte der Partei von vorneherein eine etwas kämpferische Attitüde angestanden. Entscheidend aber war der Bundestrend.

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Für die Koalition in NRW sieht es auch nicht besonders gut aus. . . . .

KRINGS: Nach bisheriger Erfahrung liegen wir immer sechs Punkte vor dem Bundestrend, aber völlig lösen können wir uns davon auch nicht. In der Koalition haben wir zurzeit zwei Probleme: Die Organisation des Ruhrgebiets und den Metrorapid. Aber das sind Probleme, die wir lösen werden. Die Koalition wird halten, ich sehe keine Anzeichen für einen generellen Kurswechsel.

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Wie steht die SPD Ihrer Meinung nach im Erftkreis da?

KRINGS: Wir hatten bei der Bundestagswahl ein erfreuliches Ergebnis – und das ist die Messlatte. Das zeigt eigentlich, dass wir gut dastehen. Ich sehe nirgendwo Anzeichen einer Krise.

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Teilen Sie die Einschätzung, wonach von der Kreistagsfraktion zwar viel Kritisches, aber wenig Konstruktives kommt?

KRINGS: Diese Einschätzung teile ich nicht. Der Fraktionsvorsitzende Hardy Fuß hat doch zum Beispiel mit dem Programm für den Mittelstand einen konstruktiven Beitrag geleistet. Das Problem ist: Die Kreispolitik wird in ihrer Bedeutung oft überschätzt. Der Kreis ist von einem gravierenden Aufgabenschwund bedroht. Das sieht man auch daran, dass sich die Mehrheit bei der Politik auf Feldern tummelt, die eigentlich mit Kreispolitik nichts zu tun hat. Auch der Landrat wirbelt auf solchen Feldern viel Staub auf.

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Sind Sie eigentlich im Augenblick gerne Vorsitzender der SPD im Kreis?

KRINGS: Ja, das Amt macht mir große Freude. Ich wollte nicht mehr nur der kluge Kopf im Fachausschuss sein. Ich wollte in ein allgemeinpolitisches Amt – und die Bühne habe ich jetzt. Das macht richtig Freude, ich mach das Amt gerne. Im Übrigen: Wir leben in Krisenzeiten. Und da fühlt sich mein Nervenkostüm wohler als in Situationen, wo man einfach so mitschwimmen kann.

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Werden Sie im November erneut für das Amt des Vorsitzenden kandidieren?

KRINGS: Ja. Ich habe schon beim ersten Mal deutlich gemacht, dass ich die Partei in eine Serie von Wahlen führen möchte. Ich sehe den Vorsitz als eine mittelfristige Sache an. Dazu habe ich mir einen bestimmten Zeitraum vorgenommen – und der ist im Herbst noch nicht zu Ende.

KÖLNER STADT-ANZEIGER: Was muss die SPD tun, um wieder Oberwasser zu bekommen?

KRINGS: Die Bundesregierung muss sich für einen klaren Kurs entscheiden. Wir müssen auch erkennen, dass wir national wenig Möglichkeiten haben, Konjunkturpolitik zu betreiben, das heißt, wir müssen uns in der offenen Weltwirtschaft effizient aufstellen. Das ist der Kurs von Wolfgang Clement und Gerhard Schröder. Dem müssen wir folgen. Und: Wir müssen uns wieder zu den klassischen Schichten hin orientieren. Denn das frappierendste ist für mich die Erkenntnis, dass uns die Arbeitnehmer schon bei der Bundestagswahl nicht mehr in dem Maße gefolgt sind wie früher. Jetzt, in Hessen und Niedersachsen, haben sie uns völlig im Stich gelassen.